









Kunst und Kultur
Architektur
des Baudenkmals
Kunstgeschichtliche Aspekte
1707 beauftragte der Mecklenburgische Edelmann Christoph von Bassewitz (1670−1745) den Bau des freistehenden Herrenhauses. Die Umstände sind nicht überliefert. Auch die Gestaltung des Vorgängerbaus liegt im Dunkeln, einzig erhalten hat sich das Kellergewölbe. Für das bestehende Bauwerk lässt sich ein nahliegendes Vorbild ausmachen: das südlich von Rostock und nur 40 Kilometer von Hohen Luckow entfernt gelegene Herrenhaus Rosswitz. Dort realisierte 1657 der flämisch-niederländische Baumeister Charles Philippe Dieussart (um 1625–1696) für Joachim Heinrich von Vieregge (1610−1670) das erste monumentale Wohngebäude nach dem Dreißigjährigen Krieg und zugleich das erste barocke Herrenhaus auf Mecklenburgischem Boden. Hohen Luckow gilt als dessen direkter Nachfolgebau, dem ähnlich konzipierte Anwesen in Bothmer, Johannstorf, Weisdin und Plüschow folgten. Weitere Mitglieder der Bassewitz orientierten sich daran, zum Beispiel auf dem Stammsitz in Basse-Lühburg und in Prebberede.
Die Bezugnahme auf Rosswitz könnte auch durch persönliche Beziehungen bedingt gewesen sein, denn sowohl Bassewitz als auch Dieussart hatten 1695 Funktionen am Hof der Markgrafen von Bayreuth inne: dieser als Offizier, jener als Hof- und Landbaumeister. Unter dem Einfluss Dieussarts etablierte sich nach dem vereinfachten Schema des Herrenhauses ein zwei- bis dreigeschossiger Landhaustyp mit hoch aufragendem Walmdach und mittig betonter Längsfassade mit neun oder elf Fensterachsen. Die ehemals schlichte Fassade in Hohen Luckow wurde wie in Bothmer oder Plüschow vermutlich ziegelsichtig ausgeführt. Wirkungsvoller konnte die barocke Pracht hinter der Fassade kaum in Szene gesetzt werden.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dem klar gegliederten Bau die rückwärtigen Ecktürme mit je fünf Stuben und den seitlichen Treppenhäusern sowie der Windfang mit darüberliegendem Altan angefügt. Der erweiterte Komplex erhielt in späterer Zeit eine einheitliche Rauputzfassung. Diese diente als Anhaltspunkt für die Festlegung auf ein historistisches Fassadenbild und auf den kräftigen Farbanstrich in Gelb und Rot.
1930 wurde das Herrenhaus unter Denkmalschutz gestellt. Die Folgen des Weltkriegs (1933–1945) und der deutschen Teilung (1945–1989) überstand die Bausubstanz ohne nennenswerte Verluste. 1994 erfolgte die grundlegende Sicherung und Sanierung durch das Architekturbüro Horst von Bassewitz unter der Federführung der Bauhütte Anna Nicolas. Dabei wurde die historische Raumkonzeption wieder für die Nutzung als Wohn- und Gästehaus sowie für den öffentlichen Veranstaltungsbetrieb hergerichtet.
Buchband zur Nachlese:
Gut Hohen Luckow – Gestern und Heute → Mediathek

Innenarchitektur und Ausstattung
Obgleich keine mobilen Einrichtungsstücke aus der Bauzeit überdauert haben, entfaltet sich über harmonischen Grundrissen beiderseits des doppelläufigen Treppenaufgangs ein hochgestimmtes Raumerlebnis. In seltener Originalität vergegenwärtigt das Zusammenspiel von tiefen Fensternischen, hellem Lichteinfall und reichen Stuckdekorationen die anspruchsvolle Wohnkultur eines ländlichen Herrensitzes zu Beginn des 18. Jahrhunderts.
Neuartig war die um 1710 geschaffene Stuckierung der freitragenden Flachdecken. Mit einem ausgeklügelten Bildprogramm demonstrierte Christoph von Bassewitz Standesbewusstsein und Weltläufigkeit. Für den Entwurf der Dekore wählte er Vorlagen von Carlo Maria Pozzi (1676 – nach 1736). Sie erschienen 1708 im Druck und trugen die künstlerischen Leistungen des gefragten Stuckateurs wohl über Bassewitz’ Dienstsitz in Bayreuth bis nach Hohen Luckow, wo der Bau gerade begonnen hatte. Pozzi meisterte die Verschränkung des hochbarocken Formenreichtums italienischer Prägung mit dem geometrischen System des in Frankreich aufkeimenden Régence-Stils. Der wechselseitigen Steigerung von lebhafter Plastizität und beherrschter Ornamentik verdankt das Raumgefüge sein vornehmes Gepräge.
Zur Ausführung wurden italienische Spezialisten aus dem Tessin verpflichtet, die in der herzoglichen Residenz Mirow arbeiteten. Allen voran Giovanni Battista Clerici (1673–1736) formte Zeichen der Lebens- und Liebesfreude – illustriert durch Früchte, Laubranken, Blütenschalen, Musikinstrumente, Eroten und Putten – in wiederkehrenden Kombinationen mit heraldischen Motiven wie der Freiherrenkrone, Trophäen, den Wappensymbolen und Monogrammen der Auftraggeber.
Das Bild- und Dekorprogramm variierte, so dass öffentliche und private Bereiche mit repräsentativem oder wohnlichem Charakter zu erkennen waren. Der große Salon im Hochparterre wurde damals für Hausmusiken und Gesellschaften genutzt. Heute dient er als Speisesaal sowie zur Sammlung von Fayence-Terrinen, die etwa zeitgleich mit dem Herrenhaus entstanden und die Detailfülle des Stucks im Kleinen spiegeln.
Das Gesamtbild ergänzen konstruktive Einbauten wie Treppenanlagen, Säulen und Brüstungen aus Holz. Zeugniswert haben zudem die bauzeitliche Ständerbauweise des Dachstuhls, der schachbrettartige Steinfliesenbelag des Sockelgeschosses und das ältere Mauerwerk des Tiefkellers. Er wurde offenbar aus einem älteren Bauwerk übernommen und könnte der benachbarten Küche als Kühlraum gedient haben.
Im Zuge der letzten Restaurierung wurden die intimeren Wohnräume in Anlehnung an eine anzunehmende textile Ausstattung zurückhaltend mit Wand- und Polsterbespannungen versehen. Kontinuität und Wandel repräsentieren als einzige vor Ort verbliebene Zeugnisse der letzten Zeitschicht ein Kristalllüster sowie die gepolsterten Stahlrohr-Möbel, die zwischen 1970 und 1989 für die Diensträume der ›volkseigenen‹ Gutsverwaltung erworben wurden.
Rittersaal

Der weitläufige sogenannte Rittersaal nimmt die volle Tiefe des Hauses ein, in ihm kulminiert die herrschaftliche Prachtentfaltung: Hier repräsentierte der Grundherr und empfing offizielle Gäste. Diese Funktion verdeutlichte der vergoldete Kaminaufsatz mit überlebensgroßen Verkörperungen des ›guten Wilden‹ und der Ritterwürde.
Auf der umlaufenden Brüstung wurden mit 62 farbigen Familienwappen die weit verzweigten Stammbäume des Christoph von Bassewitz und seiner ersten Gemahlin Magdalena von Stockhausen ausgebreitet. Mit solcher ›Ahnenprobe‹ stellte das stolze Paar seine aristokratische Ebenbürtigkeit zur Schau.
Die darüberliegenden Wandfeldern schmücken 84 bronzierte Medaillons mit emblematischen Darstellungen. Deren Entschlüsselung war in der Barockzeit einbeliebtes Gesellschaftsspiel (siehe Buchband Die Embleme im Rittersaal → Mediathek). Mit der Adaption der 1693 in Augsburg gedruckten Motivvorlagen erwies sich von Bassewitz als Kunstkenner auf der Höhe seiner Zeit und als Mann von Herzensbildung. Dargestellt sind hauptsächlich Sinnbilder der Liebe als Macht des Herzens, gleichsam als Rahmenhandlung zu der in den Kamin- und Wappenfriesen verkörperten Macht des Herrschens.
Die Stuckverzierung in der Wölbung über dem Kranzgesims versöhnt die thematischen Gegensätze, indem sie einzelne Motive – Gottvertrauen, Stärke, Erntesegen – allegorisch aufnimmt und zwischen der reichen Gliederung der Wände und dem weitgespannten Deckenspiegel vermittelt.

Veranstaltungen, Besichtigung, Vermietung
Besichtigung der Haupträume bei allen Kunst- und Kulturereignissen und im Rahmen von gebuchten Aufenthalten
→ Veranstaltungskalender
→ Vermietungsnagebote
Individuelle Führungen durch Herrenhaus mit Fayence-Terrinen-Sammlung, Kirche, Kunst- und Landschaftspark (Dauer 2 Stunden)
Entgelt: 10 € pro Person (Grundtarif für Gruppen bis zu 10 Personen: 80 €)
Anmeldung im Betriebsbüro: 038 295 765-0 (Mo–Fr 7.30–14.30 Uhr) oder schloss@guthohenluckow.de (gebuchte Rundgänge an Werktagen auf Wunsch in Kombination mit Imbiss, Kaffee und Kuchen)
Spaziergänge im Park auf den beschilderten Wegen ohne Anmeldung
→ Digitaler Rundgang